Eine uns oft gestellte Frage: Was gibt es aktuell bei einem Besuch in Dresden rund um Julius Hübner zu entdecken? Viel und wenig zugleich. Denn Julius, der seine Dresdenzeit in der „ersten WG Dresdens“ begann (im Hause Rietschel, mit den Familien Bendemann und Hugo Bürkner), muss eigentlich in den Kontext mit seinen Zeitgenossen gestellt werden. Unsere Vorschläge konzentrieren sich daher auf einzelne exemplarische Stationen, die man zwischendurch individuell wahrnimmt, weniger auf eine Besichtigungstour.
Überblick der ausgewählten Stationen:
Innenstadt:
Fürstenzug / Kupferstichkabinett / Gemäldegalerie Alter Meister / Albertinum: Skulpturensammlung / Zwinger: Französischer Pavillion
Erweitertes Zentrum:
Hübnerstraße / Trinitatisfriedhof / Loschwitz „Das geliebte Gartenhaus“
Umgebung:
Meißen: Frauenkirche / Oschatz: Altarbild St. Aegidienkirche …
Wer Dresden besucht, befindet sich mitten in der wichtigsten Wirkungsstätte von Julius Hübner, dem Historienmaler und Direktor der Königlichen Gemäldegalerie Dresden. Auch wenn er weder für Dresden, noch für die Kunstgeschichte letztendlich wirklich prägend war, hier verbrachten er und seine Familie von 1840 bis 1895 die wesentliche Zeit ihres Lebens. So lebten sie nacheinander an 6 verschiedenen Wohnadressen!, seine 3 Ateliers befanden sich im Laufe der Zeit an jeweils sehr inspirierenden Orten (zunächst im Gewandhaus – heute Gewandhaus-Hotel, Ringstr. 1 / dann auf der Brühlschen Terrasse in der Königlichen Kunstakademie / zuletzt im Dresdner Zwinger mit Blick auf das Nymphenbad).
Nach den Stationen Berlin und Düsseldorf hat Julius Hübner von Dresden aus zeitlebens die Fäden in Kunst, Kultur, Politik und Wissenschaft weit über diese Stadt hinaus zusammengehalten, die der Grundstein für diese durchaus vielseitig ausgerichtete Familie war. Bei Hübners in Dresden trafen sich Musiker wie Schumanns und Mendelssohns, Malerkollegen, Schriftsteller, Politiker, Wissenschaftler zum Diskurs. Und von Dresden aus war man auch ohne Telefon und Internet weltweit vernetzt, wovon eine umfassend erhaltene Korrespondenz zeugt.
Wer Hübners Oeuvre schätzt oder einen Bezug zu der Zeit oder seiner Familie hat, der kann in Dresden auf eine eindrucksvolle Spurensuche an einzelnen Orten gehen. Ein Rundgang ist nicht sinnvoll, dafür sind zu viele Stationen heute nicht mehr vorhanden.
So setzen wir mit unseren Vorschlägen einige Akzente, um sich für einen Moment in die damalige Zeit hineinzuversetzen und mit Julius Hübners Wirken zu beschäftigen.
Eine klare Empfehlung zum Vorgehen haben wir: Beginnen Sie in jedem Fall mit dem Fürstenzug – mit Julius. Er wartet dort auf Sie und hat die Pläne dabei!
1. Der Fürstenzug, mitten in der Altstadt (Augustusstraße)

Julius Hübner mit Akademiekollegen und seinem Entwurf
Ein idealer Einstieg, denn hier wird Julius Hübner gleich in Lebensgröße „leibhaftig“. Begibt man sich ganz an das Ende des Fürstenzuges zum „Fußvolk“, so begegnet man Julius Hübner, wie er von seinem Schüler Wilhelm Walther 1871 gesehen wurde. Julius, der den Erstentwurf und damit die Bildidee dieses monumentalen Fürstenzuges schuf, hat den Auftrag – wie früher oft üblich – an Walther weitergereicht, an dem er vor allem dessen Erfahrungen mit der Sgraffito-Technik schätzte. Zum Dank hat dieser seinen Lehrer Julius Hübner – mit dem Entwurf des Fürstenzuges in der Hand – im Kreis seiner Akademiekollegen verewigt. Wer wer ist, das erfährt man HIER.
Einige der Entwürfe des Fürstenzuges von Julius Hübner haben sich im Kupferstichkabinett erhalten, das in diesem Jahr sei 300jähriges Bestehen feiert. Und zudem viele seiner Papierarbeiten. Der Studiensaal ist nur einen Steinwurf entfernt. Und auch die eindrucksvollen, vier tonnenschweren und mannshohen Zink-Papierrollen der Vorlage im Maßstab 1:5 befindet sich dort im Magazin des Kellers.
2. Das Kupferstichkabinett im Residenzschloss
Über 40 der verschiedensten Papierarbeiten von Julius Hübner werden hier aufbewahrt. Wer Zeit mitgebracht hat, kann hier in der Abgeschiedenheit und Ruhe des Studiensaals in die Werke eintauchen.
(Anmeldung erforderlich, verbunden mit der Bitte, die Werke z.B. von Julius Hübner herauszulegen. Das ist aber alles unkomplizert und gut organisiert.) Kontakt und Öffnungszeiten hier:
https://kupferstich-kabinett.skd.museum/ueber-uns/sammlung/
3. Gemäldegalerie Alter Meister (Semperbau im Zwinger)
Auch wenn sich aktuell kein Werk von Julius Hübner in der Dauerausstellung befindet (anders als in der Alten Nationalgalerie Berlin), die Gemäldegalerie ist beim Dresdenbesuch sowieso ein Muss. Man sollte sich vergegenwärtigen, dass Julius Hübner von 1871 bis zu seinem plötzlichen Tode 1882 Direktor dieses Hauses war und in der Zeit die Ankaufspolitik bestimmte, sogar regelmäßig einige seiner Vorlesungen als Professor der Kunstakademie vor den Bildern abhielt, sich Gedanken zur Neugestaltung des Treppenhauses machte, sehr schöne Kataloge herausgab und den Ruf des Hauses mehrte. Nicht unerwähnt bleiben darf der Holbeinstreit (welche Madonna ist echt, die in Dresden oder Darmstadt?), mit dem er gleich im ersten Amtsjahr konfrontiert war (Hier irrte JH übrigens).
Aus dieser Zeit hat sich übrigens in der Familie sein kleiner Entwurf zur Neuaufstellung der Holbeinschen Madonna erhalten. Wie Fotografien belegen, wurde dieser Entwurf auch genauso ausgeführt. Also hin zur Madonna und sehen, wie sie heute dem Publikum präsentiert wird.
https://www.julius-huebner.de/DE/1857_holbein_madonna_aufstellung.html
3a Skulpturensammlung (im Albertinum, Tzschirnerpl. 2, 01067 Dresden)
Wer sowieso die Skulpturensammlung anschauen möchte, der sei darauf hingewiesen, dass dort Pauline Hübner, geborene Bendemann in der Dauerausstellung auf den Besucher wartet. Diese Marmorbüste schuf der Bildhauer Ernst Rietschel.
https://skd-online-collection.skd.museum/Details/Index/300142
4. Zwinger: Hübners 3. Atelier
Nach so vielen Bildern und Kunst empfehlen wir direkt nach der Gemäldegalerie einen Gang an die frische Luft in den Zwingerpark. Warum? Weil Julius Hübner hier im Französischen Pavillon (10) sein letztes Atelier – mit Blick auf das Nymphenbad (12) – hatte.
Julius Hübner erlebte die Maiunruhen am 9. Mai 1849 und hielt am nächsten Morgen die ausgebrannte Ruine des Zwingers in einem Aquarell fest:
Jahrzehnte später kann er dort sein Atelier einrichten, das ihm bis zu seinem Tode zur Verfügung stand.
Die ehem. Atelierräume im 1. OG sind heute frei zugänglich, mit Blick auf das Nymphenbad. Doch von Atelier jetzt keine Spur mehr. Wie inspirierend es allerdings damals für ihn an diesem Ort gewesen sein muss, lässt sich dennoch erahnen. Auch übrigens an seinem letzten Oelgemälde „Tempi Passati“, in dem er anlässlich seiner Goldenen Hochzeit genau diesen Blick festgehalten hat. Welche Symbolik. Dieses Bild befindet sich heute in der SAMMLUNGHUEBNER.
https://www.julius-huebner.de/DE/1879_tempi_passati.html
Selbstverständlich kann man nun weitere Wirkungsstätten von Julius Hübner besuchen, wie beispielsweise die Kunstakademie, die eine der ältesten Ausbildungsstätten der Bildenden Kunst in Europa ist. Doch offenkundige Spuren seines Wirkens sind hier natürlich kaum zu finden. Aber wer beispielsweise auf der Website zur Geschichte der Akademie das abgebildete Dokument genauer betrachtet, wird dort im Akademischen Rat Hübners Unterschrift finden: https://www.hfbk-dresden.de/hochschule/portraet/geschichte/
Oder die Semperoper – Julius Hübners großer Theatervorhang von 1840 hatte seinen Ruf in der Stadt mit begründet – ist leider beim großen Theaterbrand 1869 vernichtet worden.
Das Haus hat daher speziell zu Julius Hübner heute nichts mehr vorzuweisen.
5. Hübnerstraße – Trinitatisfriedhof – Loschwitz
Nun eine kleine Spazierfahrt! In der Südvorstadt verläuft die Hübnerstraße, die einzige der 7 Straßen gleichen Namens in Deutschland, die nach Julius Hübner benannt ist. Hier können Selfie-Freunde ein Erinnerungsfoto machen 😉 Es bietet sich die Ecke Nürnbergerstr. an.
Weiter dann zum Trinitatisfriedhof, der einfach ein schöner Friedhof mit interessanten Gräbern ist. Aus der Familie Hübner sind neben Julius und seiner Frau Pauline hier auch die Kinder Emma und Fanny begraben. Und auch viele der Freunde und Weggefährten. Leider ist keines der Hübnerschen Gräber mehr erhalten, nur ein altes Grabkreuz von Fanny.
Nach Loschwitz: Nun geht es über das Blaue Wunder (das 10 Jahre nach Julius Hübners Tod eröffnet wurde) hinauf in die Schillerstraße N° 29 nach Loschwitz (bis 1895 Stadtweg 84). Dort steht – nach der Wende frisch saniert – „das geliebte Gartenhaus“. Und man erlebt sein zweites „blaues Wunder“ denn nach „Gartenhaus“ sieht diese Villa auf ca. 10.000 qm Grund nicht wirklich aus. Leider kann man das Privatgelände mit dem schönen Park nicht betreten. An Künstlerischem hat sich neben dem von Hübner erbauten Haus einzig das Engelchen von Julius Hübner über der Eingangstüre erhalten, das man auch von der Straße aus sehen kann. (Kurzparkmöglichkeit rechts oberhalb in der Schillerstr.)
Mehr Impressionen zur Dresdener Zeit hier.
Ich hoffe, dass dieser kleine Ausflug doch etwas Atmosphäre und Themen der damaligen Zeit transportiert. Mehr von Julius Hübners Kunstwerken ist heute eher in Städten wie Berlin, Frankfurt, Bremen und nicht zuletzt in Düsseldorf zu sehen. Aber Dresden gibt auch heute noch etwas von der Atmosphäre wieder, in der Julius Hübner wirkte.
Was leider nicht mehr besucht werden kann, dass sind das erste Rietschelsche Haus, die verschiedenen Stadtwohnungen Hübners entlang der Bürgerwiese, das Familiengrab, Eduard Hübners Atelier oder spontan die Kunstwerke, die in den Magazinen der Gemäldegalerie Alter Meister aufbewahrt werden. Auch die Glasfenster der Kapelle im Königlichen Weinberg in Dresden – Wachwitz existieren nur noch „auf dem Papier“. Die kleine Kapelle – heute in Privatbesitz – wurde in den letzten Jahren restauriert.
UMLAND:
Wer Lust auf einen Ausflug vor die Tore der Stadt hat und gerne kirchliche Bildmotive anschaut, dem empfehle ich die Fahrt mit den Öffentlichen oder mit dem PKW auf der B6 über Meißen (25km) bis nach Oschatz (+25km).
In Meißen, wo Julius Hübner Ehrenbürger der Stadt ist, wartet in der frisch sanierten Frauenkirche mitten in der Altstadt (zu Fuß) auf der Empore ein typisches Hübnergemälde, „Christus auf Wolken“ dessen quadrierter Originalentwurf übrigens auch in der SAMMLUNGHUEBNER aufbewahrt wird. Dass Hübner auch für die Porzellanmanufaktur Entwürfe anfertigte, das sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Wie auch der Umstand, dass die Manufaktur 1907 die 23.000 Kacheln des Fürstenzuges fertigte, um das 102 Meter Lange Wandgemälde witterungsfest zu machen.
Nach dem obligatorischen Besuch der Albrechtsburg geht es weiter nach Oschatz. Hier wurde in den letzten Jahren die St. Ägidienkirche aufwändig restauriert. Und auch das große Altarbild von Julius Hübner erstrahlt in neuem Glanz. Sehr sehenswert!
Hier enden die ersten Empfehlungen für eine Dresdenreise. Doch gibt es bei weitem mehr zu sehen. (So ist der Besuch des sehr idyllischen Carl Maria von Weber Museums in Hosterwitz vor Pillnitz beispielsweise lohnend, das von 1912-1922 Heinrich Hübners Wohnsitz und Atelier war!
Ich hoffe, diese Vorschläge sind eine erste Inspiration.
Viel Vergnügen!
Peter W. Hübner
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